Plötzlich flog ein Enkelkind vorbei

Es ist laut im Leseraum. 17 Kinder und Jugendliche aus aller Herren Länder sind an diesem Freitagnachmittag gekommen, um das Vorlesen von Weihnachtsgeschichten zu üben. Eine Woche später steht nämlich der Besuch im Altenheim an: Dort sollen diese vorgetragen werden.

„Es ist 15 Uhr! Alle packen jetzt die Handys weg, wir fangen an!“ rufe ich laut in die Runde. Unter allgemeinem Gemaule wird das widerwillig erledigt und das Vorlesetraining beginnt in mehreren Übungsgruppen. Unser Ältester – er ist 16 Jahre alt – hat die Geschichte vom Schutzengel geübt und beginnt, sie mir laut vorzulesen. „Ein alter Engel saß auf einer Wolke und dachte nach. Da flog plötzlich ein Enkelkind vorbei.“ „Was?“, rufe ich. „Ein Enkelkind? Das ist doch gefährlich! Steht das wirklich im Text?“ „Ehm ja, da steht Enkelkind! Ach nee, Engelkind.“ merkt er dann.

In der zweiten Gruppe wird gerade ein Weihnachtswitz vom kleinen ‚Fritschen‘ geübt, das vom ‚Fahrer‘ beim Klauen erwischt wird. Wir Großen erklären, was denn ein Pfarrer ist und nähern uns dabei langsam dem Weihnachtsfest, den Krippen und dem Jesuskind.

„Wenn man die ‚Krippe‘ hat, ist man doch krank, oder? Wieso liegen denn das Christkind und der Jesus zusammen mit einer ‚Krippe‘ krank in einem Stall?“ Alle fragen durcheinander und so erklären die Erwachsenen erstmal die Weihnachtsgeschichte von ganz vorne.

Der nächste Engel ‚schmulzte‘, eine neue Kurzform von ‚schmunzelte‘. Dann kommt jemand aus finsterem ‚Tant‘, denn ‚Tann‘ kannte die junge Vortragskünstlerin nicht. Ob die Engel weiß oder weise waren, war nicht herauszubekommen. Aus ‚Schelmenpack‘ wurde ‚Schelmenpeck‘ und der Autor heißt Hoffmann von Felixleben.

Wohe Freihnachten! Lasst die Enkelkinder fliegen!

„Dark Skye“ von Jocelyn Davies – Rezension

„Ich stehe am Abgrund“.
So beginnt der Folgeband von „Silver Skye“, in dem die Protagonistin Skye an ihrem 17. Geburtstag auf magische Weise von ihren Cousins Asher und Devin in den Bann gezogen wurde. Sie hat den Kampf der Engel überlebt: Zwischen dem Orden und dem Lager der Rebellen herrscht Waffenstillstand. Skye hat sich für Asher und die Rebellen entschieden, die frei nach eigenen Regeln leben wollen.
Zu Beginn dew zweiten Bandes wacht Skye aus dem Koma auf. Asher sitzt an ihrem Bett, und als sich ihre beiden Blicke treffen, zählen für Skye nur noch zwei Dinge: Sie lebt und Asher liebt sie. Doch Skye und Asher sind Engel mit außergewöhnlicher und unkontrollierbarer Kraft – ganz große Gefühle führen dazu, dass Skye z.B. ungewollt ihre Bettdecke in Flammen setzt.
Die Sprache des Buches, das aus dem Englischen von Ann Lecker übersetzt wurde, wirkt manchmal falsch, lyrische ‚Engelstiefe‘ wird nicht erreicht. Da heißt es auf der Seite 49: „Die Stille im Flur war ohrenbetäubend“. Später ‚knallen‘ Federn auf Windschutzscheiben. Ein lockerer Ton für Jugendliche vermischt sich mit poetischen und typischen Elementen des Fantasy-Romans. Der Roman ist gut lesbar, dir Satzstruktur ist einfach. Viele kurze Hauptsätze lassen den Text manchmal etwas stockend fließen.
Der Spannungsbogen flackert zwischen den beiden Lagern hin und her: Hier die Wächter des Engelordens, dort die Engel der Rebellion. Die Wächter sind Heiler, die Rebellen beherrschen dagegen die Naturgewalten. Dann werden helle Zimmer in Eiswelten verwandelt oder Stürme entstehen.
Am Ende geht es um Macht, Einsamkeit, Freundschaft und Liebe. Devin und Asher werben um Skye. Skye kehrt mit ihnen zu ihrer Adoptivmutter in River Springs zurück und trifft ihre Freundinnen und Freunde in der Highschool wieder. Doch häufig taucht sie weg in die fantastische Welt der Engel. Während dieser kurzen Visionen spürt sie ihre besondere Kraft. Aber auch in der Highschool geht der Kampf der gegnerischen Engellager weiter. Nichts passiert einfach nur so, die Engel bekämpfen sich: Devin gegen Asher, Lukas gegen Ardith, Raven gegen die Rebellen …
Es gilt aber auch: Skye liebt Asher, Devin liebt Skye, Ian liebt Skye und danach Ellie, Cassie liebt Dan, Raven liebt Devin und Ardith liebt Gideon. Lest selbst! Eine Engel-Saga, die mitreißt! (ab 12 Jahren)

Jocelyn Davies: Dark Skye. Frankfurt am Main: S. Fischer / Sauerländer, 2013. – 283 S. ISBN 978-3-7373-6243-6. – geb. 14,99 €