Schon im Rathausflur hatte der Mann mich angesprochen und mir seltsame Fragen gestellt. Nun folgte er mir unaufgefordert ins Büro, ließ sich auf meinen organgefarbenen Besucherstuhl plumpsen und machte es sich gemütlich. Er war mir völlig unbekannt, schon älter, humpelte und ging am Stock. Sein Mundwerk aber war voll funktionsfähig. „Habense vielleicht ’nen Kaffee für mich?“ Ich fixierte ihn genauer und setzte mein falsches Lächeln auf: „Nee, Kaffee is grad alle.“
„Egal, dann möchte ich jetzt bei Ihnen eine Patientenverfügung machen!“ „Eine Patientenverfügung?“ erwiderte ich ungläubig. „Wissen Sie, mein Job ist die interkulturelle Leseförderung. Sie könnten mir was vorlesen und wenn das gut ist, bilde ich Sie zum Vorlesepaten aus. Na, wie wär’s?“ „Neee!“ entgegnete der flotte Senior, „ich will ’ne Patientenverfügung von Ihnen!“ „Dafür schlage ich Ihnen vor, Ihren Arzt oder einen Notar zu konsultieren. Oder sie fragen mal an der Auskunft nach, ob jemand vom Gesundheitsamt helfen kann, ja!?“ „OK,“ kam als Antwort, „aber dafür rufen Sie jetzt mal den Herrn Müller an, ich brauche einen Termin bei dem!“
So langsam merkte ich, wie meine Geduld zur Tür herausmarschierte. „Welchen Herrn Müller meinen Sie und wer sind eigentlich Sie?“ „Isch? Isch bin der Teddy Schmitz, ein alter Bekannter und anrufen sollen Sie den Hansi Müller!“ Ich schaute im Telefonverzeichnis nach und fand den Hansi Müller dort gleich zwei Mal. In der Hoffnung, den Mann damit loszuwerdem, rief ich den ersten an. Der Kollege verneinte, diesen Teddy Schmitz überhaupt zu kennen. Auf meine Nachfrage, in welcher Sache denn der Termin notwendig sei, grinste der Teddy Schmitz fröhlich und sagte:
„Och, ich wollte mal wieder ein Bierchen mit dem Hansi trinken!“